Zwölf Jahre nach Start des Medizinstudiums gehört Johannes Grone zu den ersten Oldenburger Alumni, die ihre Facharztausbildung abgeschlossen haben. Der gebürtige Göttinger ist der Universitätsmedizin Oldenburg treu geblieben und arbeitet seit seinem Abschluss in der Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie (AINS) am Klinikum Oldenburg – seit Kurzem als Facharzt für Anästhesiologie. An seinem Job liebt er vor allen Dingen eines: die Abwechslung.
Heute als Notarzt auf dem Notarztwagen, nächste Woche als Anästhesiologe bei einer Operation, dann als behandelnder Arzt auf der Intensivstation – Johannes Grones Job abwechslungsreich zu nennen, wäre eine Untertreibung. Manchmal flackert sein Gesicht auch auf dem Bildschirm auf, wenn zum Beispiel die Gemeindenotfallsanitäterinnen und -sanitäter Unterstützung über die Telemedizinzentrale einholen, die ebenfalls an der Universitätsklinik betrieben wird. Wer als Intensivpatientin oder -patient im Nordwesten Niedersachsens in ein anderes Krankenhaus verlegt werden muss, könnte Johannes Grone ebenfalls treffen. Regelmäßig begleitet er die vom Intensivverlegungsdienst Niedersachsen zentral koordinierten Fahrten und überwacht unterwegs zum Beispiel die Beatmung. „Bei uns passiert einfach mehr und das macht es aus“, sagt Grone.
Wie viele Oldenburger Medizinstudierenden gerade der ersten Jahrgänge startete Grone damals mit Vorerfahrung ins Studium: Nach dem Zivildienst beim Rettungsdienst hatte er die Ausbildung zum Rettungsassistenten absolviert. „In der Notfallmedizin bei Wind und Wetter mit den Rettungsdienstkollegen zu arbeiten – das liegt mir bis heute schon sehr“, sagt Grone. Eine entsprechende Facharztrichtung gibt es in Deutschland ebenso wenig wie für die Intensivmedizin. Die nötigen Kenntnisse dafür erlangen Ärztinnen und Ärzte über sogenannte Zusatz-Weiterbildungen und auch Grone führt schon seit einiger Zeit die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin.
Die Prüfung zum Facharzt für Anästhesiologie im Frühjahr 2024 war aber ein besonderer Meilenstein: Mit ihr endete seine fünfjährige Weiterbildungszeit. Lediglich die Begleitung von Eingriffen am Kopf hat er im Evangelischen Krankenhaus erlernt, die Besonderheiten der Narkose bei Eingriffen an der Lunge in einem Krankenhaus in Kassel. Alle anderen Stationen absolvierte er am Klinikum Oldenburg. „Vom Umgang miteinander habe ich mich hier schon im Praktischen Jahr gut aufgehoben gefühlt“, erklärt Grone.
Prof. Dr. Simon Schäfer, Direktor der Universitätsklinik für AINS, freut sich, dass der 35-Jährige heute zu seinem Team gehört. „Für universitäre Spitzenmedizin sind die eigenen Studierenden der ideale Nachwuchs, um diese zu Fachärztinnen und Fachärzten auszubilden sowie klinisch und wissenschaftlich weiter zu qualifizieren“, sagt er. Sie seien hoch engagiert, sich auch in der Lehre einzubringen und ihr Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Das gelte besonders auch für Grone. „Er engagiert sich nicht nur in der Klinik, sondern auch in der Ausbildung von Studierenden sowie Assistenzärztinnen und -ärzten. Außerdem ist er integraler Bestandteil unseres 2024 neu aufgebauten anästhesiologischen Simulationszentrums“, sagt Schäfer.
Für die anstehende Simulationswoche hat Grone gerade mit Kolleginnen und Kollegen auf der Intensivstation 113 des Klinikums einen Simulationsraum ausgestattet. In dem auf den ersten Blick gewöhnlichen Intensivstationszimmer liegt statt eines echten Patienten eine lebensgroße Puppe im Bett. Umgeben ist sie von allerhand Überwachungsgeräten. Über eine Software können verschiedene Szenarien ausgelöst werden, mit denen Ärztinnen und Ärzte der Station sowie Medizinstudierende intensivmedizinische Szenarien oder lebensbedrohliche Situationen trainieren können. „Wenn jemand zum Beispiel einen Luftröhrenschnitt durchführen muss, was äußerst selten vorkommt, hat er es im Simulationszentrum schon mal gemacht.“
Dass praktische Erfahrungen den größten Lerneffekt haben, hat Johannes Grone in seinen sechs Berufsjahren seit Studienabschluss selbst häufig erlebt. „Am Anfang merkt man deutlich, wie anders der klinische Alltag im Vergleich zum Studium doch ist“, sagt Grone. „Aber man kommt schnell rein und ich hatte früh einen ersten Höhenflug und das Gefühl, jede kritische Situation meistern können.“ Tatsächlich werde man auf der Intensivstation aber so schnell wieder mit der nächsten schwierigen Situation konfrontiert, dass es einen sofort auf den Boden der Tatsachen zurückholt. In Grones Anfangsjahren gehörte dazu nicht zuletzt die COVID-Pandemie, die mit zahlreichen beatmungspflichtigen Patientinnen und Patienten weltweit Intensivstationen an ihre Grenzen gebracht hat. „Der beste Moment meines Berufslebens bisher war, als wir bemerkt haben, dass die Corona-Welle deutlich abflacht und wir nicht mehr die Station voll hatten mit Schwerkranken an der künstlichen Lunge“, sagt er.
Trotz ständig neuer Herausforderungen hat sich Grone über die Jahre eine gewisse Routine erarbeitet. Aus der Ruhe bringe ihn heute so schnell nichts mehr, sagt er selbst. Atemnot, Kreislaufversagen, Herzstillstand – auf der Intensivstation gehören kritische Situationen zum Alltag und der Umgang mit zumindest einigen von ihnen zur Normalität. „Trotzdem gibt es auch heute noch manchmal Momente, in denen ich mich wie an meinem ersten Tag fühle und glaube, noch viel zu wenig zu wissen“, sagt Grone. Deshalb arbeitet er jetzt schon an der nächsten Zusatz-Weiterbildung: „Spezielle Intensivmedizin“.